05.03.2022

Weiterentwicklung des Gasspeichergesetzes kann Wintervorsorge noch absichern

Der kürzlich bekannt gewordene Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicher verfehlt in seiner bisherigen Form das Ziel, eine Wintervorsorge in Form von gut gefüllten Gasspeichern sicherzustellen. Eine Weiterentwicklung des Gasspeichergesetzes könnte die Erreichung dieses Ziels aber noch ermöglichen. Die Initiative Energien Speichern (INES) macht dafür im Rahmen einer aktuellen Stellungnahme konkrete Änderungsvorschläge.

Kürzlich wurde der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicher bekannt. Vor dem Hintergrund der historisch niedrigen Speicherfüllstände in diesem Winter verfolgt die Bundesregierung damit das Ziel, in Bezug auf die Gasversorgung eine bessere Wintervorsorge für die Zukunft sicherzustellen. Mit dem Vorschlag sollen die Betreiber von Gasspeichern dazu verpflichtet werden, gesetzlich definierte Mindestfüllstände sicherzustellen. Zentral ist vor allem die Vorgabe zum 1. Dezember einen Füllstand von 90 Prozent zu erreichen. Darüber hinaus wird für den 1. August ein Füllstand von 65 Prozent und für den 1. Oktober ein Füllstand von 80 Prozent vorgegeben. Am 1. Februar sollen für den verbleibenden Restwinter noch 40 Prozent sichergestellt sein.

Zur Einordnung: Bisher wird Gas durch die Betreiber von Gasspeichern weder gekauft noch verkauft. Vielmehr stellen die Speicherbetreiber dem Gasmarkt entsprechend des Bedarfs Speicherkapazitäten zur Verfügung. Die Marktakteure, die diese Kapazitäten buchen, nutzen diese nach ihrem Marktverhalten. Diese Marktakteure sind daher die sogenannten Speichernutzer.

Mit dem Gasspeichergesetz sollen nun die Betreiber von Gasspeichern dazu verpflichtet werden, den Speichernutzern ihre gebuchten Kapazitäten zu entziehen, wenn die Gasspeicher nicht den vorgegebenen Mindestfüllständen entsprechend genutzt werden. Vor dem Hintergrund der Füllstandsvorgaben und des drohenden Entzugs lassen sich bereits jetzt kaum noch Speicherkapazitäten für den kommenden Winter vermarkten. Darüber hinaus müssten die Speicherbetreiber zur Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorgaben auch in bestehende Verträge eingreifen. Außer-ordentliche Kündigungsrechte für bestehende Speichernutzer können die Folge sein, sodass auch die Auflösung von Verträgen für bereits gebuchte Speicherkapazitäten möglich wäre.

Damit führt das Gasspeichergesetz nicht zum gewünschten höheren Speicherfüllstand, sondern zu einem starken Rückgang der Speicherbuchungen. Speichernutzer werden in ihrer Marktrolle nur durch die Buchung von Speicherkapazitäten definiert. Bucht ein Speicherkunde den Speicher nicht mehr, dann ist er auch kein Speichernutzer mehr. Speichernutzer können sich der geplanten Verpflichtung zur Einhaltung von Mindestfüllständen also einfach entziehen, indem sie Speicherkapazitäten nicht mehr buchen oder kündigen. Die Betreiber der Gasspeicher können in der Folge die für sie selbst angedachte Verpflichtung nicht erfüllen. Das Ziel der Mindestfüllstands-vorgaben wird so verfehlt.

Die INES empfiehlt in einer aktuellen Stellungnahme daher die Weiterentwicklung des geplanten Gesetzes. Die zentrale Idee: Der sogenannte Marktgebietsverantwortliche (MGV) sollte dazu verpflichtet werden, die gewünschten Füllstände durch Ausschreibung sogenannter Strategic Storage Based Options (SSBO) sicherzustellen. Die Einführung von SSBO als neues Instrument für den MGV zur Schaffung einer Nationalen Gasreserve ist mit dem Gasspeichergesetz bereits vorgesehen. Die Erreichung der Mindestfüllstände könnte durch ein Monitoring des „gesamtdeutschen“ Speicherfüllstandes fortlaufend überprüft werden und als Grundlage zur Ausschreibung von SSBO dienen.

Werden die vorgegebenen Mindestfüllstände trotz Nutzung der SSBO absehbar nicht erreicht, kann der MGV darüber hinaus selbst Gas beschaffen und nicht genutzte Speicherkapazitäten zur Einspeicherung nutzen. Die Nutzung kann auf unter-brechbarer Basis erfolgen, d.h. bilanziell könnten die durch den MGV genutzten Speicherkapazitäten bei Bedarf wieder an Speichernutzer im Markt zurückgeführt werden. Um dieses Vorgehen abzusichern könnten die Gasspeicherbetreiber mit dem Gasspeichergesetz dazu verpflichtet werden, dem MGV unterbrechbare Speicher-kapazitäten anzubieten. Im Ergebnis würden Maßnahmen des MGV die Speicher-nutzung der Marktakteure flankieren, um ein Erreichen der Mindestfüllstände sicher-zustellen.

Positive Anreize für die gewöhnliche Speicherbewirtschaftung können darüber hinaus helfen, die Aktivitäten des MGV im Speichermarkt auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die Europäische Kommission hat bspw. erhöhte Rabatte auf Transportentgelte an Gasspeichern bereits vorgeschlagen.

Sebastian Bleschke, INES-Geschäftsführer, fasst den Vorschlag mit folgenden Worten zusammen: „Die Bundesregierung hat noch die Möglichkeit, eine bessere Wintervorsorge zu gewährleisten, indem der Marktgebietsverantwortliche verpflichtet wird, die gewünschten Füllstände sicherzustellen. Das geplante Gasspeichergesetz schreibt bereits im aktuellen Entwurf die Aufgabe zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit dem Marktgebietsverantwortlichen umfänglich zu. Mit dem Instrument der Strategic Storage Based Options (SSBO) soll dem MGV dafür ein starkes Instrument an die Hand gegeben werden. Es wäre nur konsequent die Pflicht zur Erreichung der Mindestfüllstände dann ebenfalls dem MGV zuzuordnen. Über eine Umlage der Kosten des MGV werden sämtliche Marktakteure finanziell in die Pflicht genommen. Es entstünde ein effizientes Solidarsystem zur Wintervorsorge.

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Foto: EWE / © Thorsten Ritzmann