09.04.2019

Planfeststellungsverfahren müssen Entflechtungsvorschriften weiterhin beachten

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages hat am vergangenen Donnerstag Änderungen zum Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABeG) beschlossen. Die Initiative Erdgasspeicher e.V. (INES) vertraut mit Blick auf die Anwendung der geschaffenen Regelungen darauf, dass die zuständigen Landesbehörden die Entflechtungsvorschriften, insbesondere bei der Zulassung von Power-to-Gas oder Speicher-Vorhaben weiterhin beachten.

Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag, 5. April 2019 in zweiter und dritter Lesung das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus (Nabeg) verabschiedet. Konkret wird im Rahmen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) mit dem § 43 (2) der zuständigen Landesbehörde das Recht eingeräumt, auf Antrag eines Vorhabenträgers durch Planfeststellung unter anderem Folgendes zuzulassen:

  • Nr. 7: Die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von Energiekopplungsanlagen und
  • Nr. 8: die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von Großspeicheranlagen mit einer Nennleistung ab 50 MW, soweit sie nicht § 126 des Bundesberggesetzes unterfallen.

Die Initiative Erdgasspeicher e.V. (INES) begrüßt, dass der Gesetzgeber mit der Verabschiedung des Nabeg konkrete Maßnahmen mit dem Ziel ergriffen hat, Planfeststellungsverfahren zu vereinfachen und Kompetenzen klar zuzuordnen. Mit Blick auf die Anwendung der geschaffenen Regelungen vertraut INES darauf, dass die zuständigen Landesbehörden die Entflechtungsvorschriften, insbesondere bei der Zulassung von Power-to-Gas oder Speicher-Vorhaben weiterhin beachten. Darüber hinaus geht INES davon aus, dass Investitionen in Power-to-Gas-Anlagen oder Speicher auch künftig in einem marktwirtschaftlichen Umfeld stattfinden und demzufolge nicht im Rahmen des kalkulatorischen Anlagevermögens eines Netzbetreibers durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) oder Landesregulierungsbehörden anerkannt werden.

Irritationen hatte in der Energiewirtschaft die Stellungnahme des Bundesrates ausgelöst. Darin wird eine Änderung des § 43 EnWG folgendermaßen begründet:

„Es besteht der weitergehende Bedarf an Genehmigungstatbeständen im Sinne des § 43 Satz 1 EnWG für Energiekopplungsanlagen und Großspeicher. Als Klarstellungsmöglichkeit wird eine Katalogerweiterung in § 43 Satz 1 EnWG zur rechtzeitigen Schaffung einer klaren Grundlage für die Zulassung als Hauptanlage zur Energieleitungskopplung befürwortet. Angesichts der im Szenariorahmen der Netzentwicklungsplanung vorausgesetzten und öffentlichkeitswirksam angekündigten Power-to-Gas-Vorhaben zur Kopplung verschiedener Energieleitungen mehrerer Konsortien von Fernleitungsnetzbetreibern und Übertragungsnetzbetreibern sind zur Realisierung dieser Anlagen entsprechende genehmigungsrechtliche Tatbestände zu schaffen. Bisher ist unklar, ob diese Anlagen als Nebenanlagen zu einer Stromleitung oder Gasfernleitung unter § 43 Satz 3 EnWG fallen und welcher der beiden Infrastrukturen sie zuzuordnen wären. Die Katalogerweiterung ist auch vor dem Hintergrund absehbar fehlender Betreiberidentität der Konsortien bzw. ggf. Dritter gegenüber dem Betrieb einer Übertragungsnetzleitung oder einer Fernleitungnetzpipeline angemessen.“ (Stellungnahme des Bundesrates zum Nabeg, S. 4)

Investitionen eines Netzbetreibers in Power-to-Gas-Anlagen oder Speicher im regulatorischen Rahmen sind weder mit den Entflechtungsvorschriften des dritten Binnenmarktpakets vereinbar, noch ist damit dem Markthochlauf von Power-to-Gas oder dem Flexibilitätsmarkt insgesamt geholfen.

Power-to-Gas-Anlagen sind vielseitig einsetzbar. Sie werden Energie produzieren, mit der die Klimaziele in der Industrie und des Verkehrs technisch überhaupt erst erreicht werden können. Sie werden außerdem Energie produzieren, mit der eine Dekarbonisierung des Wärmemarktes zu volkswirtschaftlich optimierten Kosten erfolgen kann. Kombiniert mit Gasspeichern stellen sie die erforderlichen mittel- und langfristigen Speichermöglichkeiten für ein Gelingen der Energiewende bereit. Darüber hinaus ermöglicht Power-to-Gas auch eine verbesserte Kopplung der Strom- und Gasnetze und eröffnet damit Kostenvorteile.

„Vor dem Hintergrund der vielseitigen Einsatzbereiche von Power-to-Gas sollte ein marktwirtschaftlicher Ansatz gewählt werden, der die unterschiedlichen Akteure motiviert, die Synergieeffekte umfassend zu nutzen. Der damit einhergehende Wettbewerb führt zu Produkt- und Prozessinnovationen und ermöglicht so eine Kostendegression dieser wichtigen Technologie“, erklärt Sebastian Bleschke, Geschäftsführer der INES. „Werden Power-to-Gas-Anlagen allerdings in einem regulierten Umfeld durch die Netzbetreiber errichtet und betrieben, wird sich kein Markt mit entsprechend positiver Wirkung auf den technologischen Fortschritt entwickeln.“

Die Politik kann den Markthochlauf von Power-to-Gas konstruktiv begleiten, indem sie die wettbewerbsverzerrenden Effekte des Umlagen- und Abgabensystems rasch aufhebt und die Netzentgeltsystematiken Strom und Gas vor dem Hintergrund der Sektorenkopplung überarbeitet.