Klimaschutz mit grünen Gasen

Gas leistet für den Klimaschutz einen wesentlichen Beitrag – heute und in Zukunft. Bereits heute sorgt Gas für eine CO2-arme Alternative für dringend benötigte Erzeugungsflexibilität im Strommarkt. Perspektivisch kann der Energieträger Gas darüber hinaus vollständig regenerativ hergestellt werden – und ist so eine wichtige Klimaschutzlösung.

Gasinfrastruktur bietet enorme Klimaschutzpotentiale

Die Gaswirtschaft ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Energieversorgung. Gas deckt hierzulande gut ein Viertel des Energiebedarfs. Spricht man jedoch von der Gaswirtschaft, dann bezieht man sich in der Regel vor allem auf den fossilen Energieträger Erdgas.

Mit Maßnahmen wie der Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzabkommens, dem Klimaschutzplan 2050 und der Einigung zum Ausstieg aus der Kohleverstromung zeichnet die Politik in Deutschland jedoch die Vision einer post-fossilen Energieversorgung. Dabei soll in den kommenden Jahrzehnten eine vollständig treibhausgasneutrale Gesellschaft erreicht werden.

Die Gaswirtschaft kann dabei über Erdgas hinaus wesentliche Beiträge für eine vollständig erneuerbare Energieversorgung leisten. Im Norden Deutschlands führt der schleppende Stromnetzausbau stetig zu einer zunehmenden Drosselung der Windenergie. In den nächsten Jahren sind daher Milliardeninvestitionen in fast dreistelliger Höhe für die Übertragungs- und Verteilnetze geplant. Dabei könnte mit Hilfe der Gasinfrastruktur ein Großteil zusätzlicher Investitionen in Stromnetze eingespart werden. Denn der Großteil der vorhandenen deutschen Gasinfrastruktur befindet sich im Norden und kann perspektivisch auch in einem erneuerbaren Energiesystem Schlüsselrollen übernehmen. Und nicht nur dort.

Die deutschen Gasspeicher und Gasnetze verfügen über ein außerordentliches Potenzial. Während im Stromsektor die Spitzenlast hierzulande bei rund 80 Gigawatt liegt, bedienen die Gasinfrastrukturen im Winter Lastspitzen von über 400 Gigawatt. Allein die Gasspeicher können mit einer Ausspeicherleistung von mehr als 200 Gigawatt dreimal mehr Energie bereitstellen als im Stromsektor maximal verbraucht wird.

Die Politik sollte also die Gasinfrastrukturen als Chance betrachten, die Energiewende erfolgreich und nach Plan umzusetzen.

Der Weg in die Zukunft: Power-to-Gas

Der Schlüssel für eine Durchdringung dieser Infrastrukturen mit erneuerbaren Energien sind erneuerbare Gase. Unter erneuerbaren Gasen versteht man gasförmige Energieträger, die aus erneuerbaren Quellen hergestellt werden. Dazu zählen aus Biomasse hergestellte Biogase, aber auch die mittels der Power-to-Gas-Technologie produzierten grünen Gase Wasserstoff oder synthetisches Methan.

Das Power-to-Gas-Verfahrens spaltet mithilfe von erneuerbarem Strom Wasser und gewinnt damit Wasserstoff. Dieser kann dann entweder direkt genutzt oder in einem weiteren Prozessschritt zu Methan oder flüssigen Energieträgern weiterverarbeitet werden.

Power to Gas ist damit eine der sogenannten Power-to-X-Technologien. Kern dieser Technologien ist die Umwandlung von lokalen oder zeitweise vorliegenden Überschüssen bei der Stromproduktion (Power) in andere Energieformen (to-X). Bei Power-to-Heat-Verfahren wird Strom beispielsweise in Wärme umgewandelt, bei Power-to-Liquid-Prozessen in Flüssigkeiten.

Zahlreiche Studien haben die Vorteile erneuerbarer Gase auf dem Weg in eine treibhausgasneutrale Gesellschaft belegt. Eine Meta-Studie der VNG-Gruppe zur Sektorenkopplung zeigt, dass sich die Wissenschaft weitgehend darüber einig ist, dass es 2050 noch immer einen relevanten Gasverbrauch von mehr als 600 Terawattstunden pro Jahr geben wird. Zum Vergleich: 2018 lag der Gasverbrauch in Deutschland bei 945 Terawattstunden.

Auch die Enervis-Studie „Erneuerbare Gase – ein Systemupdate der Energiewende“ skizziert den Weg zu einem treibhausgasneutralen Energiesystem bis zur Mitte des Jahrhunderts. Die Untersuchung zeigt, dass Deutschland im Jahr 2050 sogar auf etwa 930 Terawattstunden erneuerbare Gase zurückgreifen sollte. Denn dadurch können nicht nur alle die skizzierten technischen Bedarfe erfüllt, sondern auch enorme Kosten eingespart werden.

Gaswirtschaft erprobt Zukunftstechnologien bereits heute

Die Unternehmen der Gaswirtschaft treiben bereits heute zahlreiche Projekte voran, die die Herstellung und Speicherung erneuerbarer Gase in Deutschland erproben (siehe Karte und Projektvorstellungen unten). Dabei sind auch die Betreiber von Gasspeichern ein wesentlicher Treiber. Denn sie verfügen über die besten Voraussetzungen, die erneuerbaren Energien langfristig in Gasform zu speichern.

Den Gasspeicher-Unternehmen stellt sich in Bezug auf die Power-to-Gas-Technologie vor allem eine Frage: Lassen sich die klassischen Gasspeicher problemlos für die verschiedenen synthetischen Gase nutzen?

Grundsätzlich kann diese Frage bereits heute positiv beantwortet werden, denn die Speicherung von erneuerbaren Gasen in Gasspeichern ist technisch möglich. Wegen der gleichen chemischen Eigenschaften kann synthetisch hergestelltes Methan beispielsweise in den Gasinfrastrukturen ohne Begrenzung aufgenommen werden. Interessant wird es beim Thema Wasserstoff. Hier forschen die Unternehmen gerade daran, inwiefern sich vorhandene Poren- und Kavernenspeicher auf dieses erneuerbare Gas umstellen lassen.

Rechnet man erste Forschungsergebnisse auf die Leistungsfähigkeit der deutschen Gasspeicher hoch, kann man annehmen, dass mit Wasserstoff bereits heute mindestens 24 Gigawatt gesicherte erneuerbare Leistung aus Gasspeichern angeboten werden kann. Das ist energetisch immerhin ein Viertel der Spitzenlast des Strommarktes. Die Gasspeicherwirtschaft macht sich also fit für eine vollständig erneuerbare Welt. Unabhängig davon, zu welchen Teilen diese dann Wasserstoff oder synthetisches Methan umfassen wird.

Eine Übersicht über die in Deutschland geplanten oder in Betrieb befindlichen Power-to-Gas-Projekte liefert die Power-to-Gas-Karte des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs (DVGW).

Power-to-Gas-Karte des DVGW

Uniper leistet Power-to-Gas-Pionierarbeit

Im Projekt „Store&Go“ arbeiten seit mehreren Jahren über zwanzig Partner daran, die Möglichkeiten der Integration von Power-to-Gas-Anwendungen in das europäische Energienetz zu untersuchen und die Methanisierung von Wasserstoff voranzutreiben. Uniper betreibt dabei im brandenburgischen Falkenhagen eine der ersten Power-to-Gas-Anlagen mit angeschlossener Methanisierungsstufe.

VNG erprobt Wasserstoffspeicherung in Reallabor

Die VNG Gasspeicher GmbH plant im Rahmen eines vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Reallabors mit dem Namen „Hypos“, eine Salzkaverne in Bad Lauchstädt auf 100 Prozent Wasserstoff umzustellen. Im Bereich der Kavernenspeicher können wir also zuversichtlich sein, dass hier eine vollständige Tauglichkeit für die Speicherung von Wasserstoff gegeben ist. Einen Einblick in die Gesamtstruktur des Hypos-Projekts liefert das nachfolgende Kurzvideo der enviaM-Gruppe.

EWE testet Wasserstoffspeicherung in Niedersachsen

Auch der Energieversorger EWE will im Rahmen des Projekts „Power2Hydrogen“ erproben, wie sich die Kavernen für die Lagerung synthetisch erzeugten Wasserstoffs umrüsten lassen. Dafür will das Unternehmen eine Power-to-Gas-Anlage über seinem Erdgasspeicher im niedersächsischen Huntorf errichten. Der mit Solarstrom erzeugte grüne Wasserstoff soll dann versuchsweise in eine Kaverne auf dem Gelände geleitet werden.

Projektvorstellung der EWE

RAG erforscht Wasserstofflagerung in Porenspeichern

Die österreichische RAG hat im Rahmen des Vorhabens „Underground Sun.Storage“ bereits nachgewiesen, dass in Porenspeichern 10 Prozent Wasserstoff beigemischt werden kann. In dem Folgeprojekt „Underground Sun.Conversion“ wird nun untersucht, inwieweit chemische Prozesse untertage für eine Methanisierung von Wasserstoff verwendet werden können. Dies ermöglicht eventuell die Einspeicherung von größeren Wasserstoff-Anteilen auch in Porenspeichern.

INES setzt sich für zukunftsfähige Gasspeicherunternehmen ein

Power-to-Gas ist kein Selbstläufer. Denn der Markt regelt nicht alles von allein. Netzinfrastrukturen sind reguliert, Investitionen werden über Netzentgelte sozialisiert. Der Markt beachtet diese Kosten bei seinen Entscheidungen nicht. Es bedarf also einer politischen Steuerung und politischer Ziele für erneuerbares Gas. Es bedarf konkreter Maßnahmen, um erneuerbares Gas zunehmend in den Wärmemarkt und Verkehrssektor zu bringen.
Insbesondere drei Handlungsfelder betrachtet die INES hierbei als wesentlich:

1. Die Power-to-Gas-Technologie bedarf einer Anschubförderung, um rechtzeitig wettbewerbsfähig zu werden.

2. Die Belastung erneuerbarer Gase mit Entgelten, Abgaben und Steuern muss so diskriminierungsfrei ausgestaltet werden, dass ein fairer, sektorenübergreifender Wettbewerb auf dem Markt für Flexibilitäten entsteht.

3. Die Netzentgelte müssen sowohl im Strom- als auch im Gassektor so gebildet werden, dass die Marktentscheidungen eine sektorübergreifend kosteneffiziente Netznutzung sicherstellen.

Die INES hat in der Vergangenheit gemeinsam mit anderen Verbänden an die Politik appelliert, das Potenzial der Gaswirtschaft im Rahmen der Energiewende stärker zu berücksichtigen. Unter anderem wurde im Oktober 2016 gemeinsam mit elf Verbänden der Gaswirtschaft, der Geräteindustrie und des Handwerks in Deutschland die gemeinsame Erklärung „Gas kann grün“ veröffentlicht und später durch konkrete Maßnahmen unterlegt, die zu einer schnellen und effizienten Reduktion von CO2-Emissionen beitragen.

Eine weitere gemeinsame Erklärung von zwölf Verbänden vom Juli 2017 illustriert Initiativen und Potenziale der Gasbranche auf den vier Feldern Wärmemarkt, Verkehrswende, Sektorenkopplung und der Forschung einschließlich Markteinführung von emissionsarmen, innovativen Technologien.

Die Bundesregierung sollte mit der Umsetzung der Vision erneuerbaren Gases die Innovationsfähigkeit der Gaswirtschaft nutzen und der Branche damit einen sozialverträglichen Transformationsprozess ermöglichen.

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