Kostenvorteile für die Energiewende sichern - mit der richtigen Gasspeicherregulierung

Die deutschen Gasspeicher senken die Kosten des Energiesystems jedes Jahr um über zwei Milliarden Euro. Die geltende Energieregulierung konterkariert diesen Vorteil jedoch. Daher bedarf es regulatorischer Anpassungen, die eine integrierte Betrachtung der Gasinfrastruktur ermöglichen. Nur so kann der Systemwert der Gasspeicher erhalten werden.

Gasspeicher senken Kosten des Energiesystems um zwei Milliarden Euro

In Deutschland sichert das Zusammenspiel von Gasnetzen und Gasspeichern die Versorgung mit dem Energieträger Gas. Über das Gasnetz wird das Gas zu den Verbrauchern wie Haushalten oder Industrie transportiert. Um den Ausbau und die Modernisierung der Gasnetze zu finanzieren, zahlen die Verbraucher Netzentgelte. Derzeit machen diese Netzentgelte fast ein Viertel des Gaspreises aus und sind damit ein wesentlicher Kostentreiber des Gaspreises.

Der andere wichtige Teil der Gasinfrastruktur sind die Gasspeicher. Gerade im Winter decken die Gasspeicher flexibel und verbrauchsnah den erhöhten Gasbedarf der Verbraucher. Würden wir in Deutschland auf die Gasspeicher verzichten, müssten wir die Verbraucher ganzjährig über Gasimporte aus dem Ausland bedienen. Dazu bräuchten wir eine Vielzahl neuer Gasleitungen. Dieser übermäßige Ausbau der Gasnetze bedeutet für die Verbraucher höhere Netzentgelte und damit steigende Preise. Insgesamt müssten die Gaskunden in Deutschland Mehrausgaben von mindestens 1,4 Milliarden Euro pro Jahr stemmen.

Eine ausschließliche Versorgung der Kunden über Gasimporte führt zudem zu aufwendigeren Transportwegen und Versorgungsunsicherheiten. Ohne die Gasspeicher könnten an kalten Tagen sogar geschützte Kunden wie Krankenhäuser oder Privathaushalte in bestimmten Regionen von der Gasversorgung abgeschnitten sein. Gleichzeitig wäre die Gasversorgung deutlich ineffizienter, da die zusätzlichen Netze an den meisten Tagen im Jahr nicht benötigt werden.

Eine Gasinfrastruktur, die auf die Versorgungsleistung von Gasspeichern setzt, vermeidet nicht nur Kosten für einen übermäßigen Netzausbau. Die Gasspeicher optimieren auch die Auslastung der bestehenden Gasnetze und sorgen dafür, dass Energie bereitsteht, wenn diese benötigt wird. Insgesamt entstehen mit den Gasspeichern Kostenersparnisse, die einen Systemwert von mehr als zwei Milliarden Euro für die deutsche Volkswirtschaft bedeuten.

Dieser Wert ist das zentrale Ergebnis der Studie „Systemwert von Gasspeichern – Intelligenz statt Stahl“. Die Enervis Energy Advisors GmbH arbeitete hierin im Auftrag der INES heraus, in welchem Umfang die Kosten des Energiesystems ohne die deutschen Gasspeicher ansteigen. Mit der Studie beziffert Enervis den Systemwert der deutschen Gasspeicher also zum ersten Mal konkret.

Anreizregulierung honoriert Systemwert der Gasspeicher nicht

Die regulatorischen Rahmenbedingungen würdigen die Bedeutung der Gasspeicher für das Energiesystem nur unzureichend. Dies liegt vor allem an Fehlanreizen in der Anreizregulierung. Die Anreizregulierung ist ein System von Vorgaben, das dafür sorgen soll, dass die Betreiber von Energienetzen so kostensparend wie möglich arbeiten.

Derzeit veranlasst die Anreizregulierung die Betreiber deutscher Gasnetze allerdings dazu, eher in den Netzausbau zu investieren, als die kostengünstigen Gasspeicher einzusetzen. Dies liegt an der folgenden Problematik:

Die Anreizregulierungsverordnung legt fest, welche Kosten sich die Netzbetreiber über die Netzentgelte refinanzieren, also zurückholen können. Der dafür maßgebliche Wert ist die sogenannte Erlösobergrenze. Das ist die Obergrenze an Erlösen, die jeder Netzbetreiber für eine jeweils fünfjährige Regulierungsperiode aus den Netzentgelten erzielen darf. Die Erlösobergrenze definiert sich über die Kosten der Netzbetreiber in einem Basisjahr, das jeweils drei Jahre vor der nächsten Regulierungsperiode anliegt.

Unterschreitet ein Netzbetreiber mit seinen tatsächlichen Kosten die Erlösobergrenze, dann kann er innerhalb der Regulierungsperiode die Differenz kurzfristig als Gewinn abschöpfen. Die dann niedrigeren Kosten definieren allerdings im Rahmen des nächsten Basisjahres die nächste Erlösobergrenze. Das führt wiederum dazu, dass die Gewinnmöglichkeit langfristig entfällt, denn sie ist in der darauffolgenden Regulierungsperiode nicht mehr gegeben.

Die operativen Betriebskosten bieten also keine oder nur eine sehr kurzfristige Möglichkeit, um Gewinne zu erzielen. Ganz anders verhält es sich hingegen mit Investitionen in das Sachanlagevermögen. Diese schreiben die Netzbetreiber über Jahrzehnte kalkulatorisch hab und profitieren in dieser Zeit von einer garantierten, festen Verzinsung.

Anstatt Gewinne über eine Senkung der operativen Kosten zu erwirtschaften ist es für den Netzbetreiber attraktiver zu investieren. Die Investition in neue Gasnetze ist also für den Netzbetreiber in der Regel profitabler als der kostengünstige Einsatz von Gasspeichern. Der volkswirtschaftliche Vorteil der Gasspeichernutzung bleibt hier außenvor.

Effizienzvergleich behebt Fehlanreize der Anreizregulierung nicht

Um diese Wirkung der Anreizregulierung auszugleichen, existiert ein weiteres Instrument der Regulierung für die Netzbetreiber: der Effizienzvergleich. Dieser bestimmt auf Basis einer Kostenprüfung für jeden Netzbetreiber seine individuelle Effizienz im Vergleich zu den anderen Netzbetreibern in Deutschland.

Das Problem: Der Effizienzvergleich deckt die vorhandene Ineffizienz bei der Netzentwicklung nicht auf. Konkret müsste ein Netzbetreiber, der teure Netze baut, weniger effizient sein, als ein Netzbetreiber, der auf einen kostengünstigeren Einsatz von Gasspeichern setzt. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der Effizienzvergleich stellt sogar diejenigen Netzbetreiber schlechter, die auf die kostengünstigere Gasspeichernutzung zurückgreifen.

Begründet liegt dies in der Ausgestaltung des Effizienzvergleichs: Der Effizienzvergleich stellt dar, welche Kosten der Netzbetreiber für seine Versorgungsaufgabe hat. Während die Kosten „leicht“ zu definieren sind, wird die Versorgungsaufgabe – für Außenstehende kaum nachvollziehbar – über sogenannte Vergleichsparameter definiert. Dazu zählt zum Beispiel das Rohrvolumen von Gasnetzen oder die Fläche eines Gebiets, das ein Netzbetreiber versorgt.

Konkret prüft der Effizienzvergleich also, zu welchen spezifischen Kosten Netzbetreiber beispielsweise Rohrvolumen bereitstellen. Genau hier, das heißt bei der Definition der Vergleichsparameter, liegt aber das Problem. Die Vergleichsparameter berücksichtigen den Einsatz von Gasspeichern nämlich nicht.

Ein Netzbetreiber, der einen Gasspeicher einsetzt, ist in der Logik des Effizienzvergleichs automatisch ineffizienter als ein Netzbetreiber, der sein Netz ausbaut. Selbst dann, wenn die Nutzung des Gasspeichers kostengünstiger ist. Dies liegt letztlich daran, dass zwar die Kosten der Gasspeichernutzung in den Effizienzvergleich einfließen, der mit einem Gasspeicher vermiedene Netzausbau jedoch nicht im Rahmen der Versorgungsaufgabe anerkannt wird.

Kostenvorteile von Gasspeichern mit richtigen Regelungen nutzen

Um den Systemwert der Gasspeicher in Deutschland zu erhalten, müssen die politischen Rahmenbedingungen geändert werden. Insbesondere sind aus Sicht der INES zwei Maßnahmen erforderlich:

1. Der Effizienzvergleich der Netzbetreiber sollte so angepasst werden, dass dieser in Zukunft auch den kostensparenden Einsatz von Gasspeichern berücksichtigt.

2. Die Netzentwicklungsplanung sollte so erfolgen, dass die Kosten zwischen dem Ausbau der Gasnetze und dem Einsatz von Gasspeichern systematisch verglichen werden.

Gasspeicher im Effizienzvergleich berücksichtigen

Damit Netzbetreiber zukünftig zwischen dem Netzausbau und dem Einsatz von Gasspeichern abwägen, muss der Effizienzvergleich angepasst werden. Die Parameter des Effizienzvergleichs sollten so erweitert werden, dass hier auch der Nutzen angegeben wird, den ein Netzbetreiber durch den Einsatz von Gasspeichern generiert. Wenn die Netzbetreiber dann auf Gasspeicher für ihre Versorgungsaufgabe zurückgreifen, ist diese Nutzung dem Ausbau der Gasnetze im Bewertungssystem des Effizienzvergleichs gleichgestellt.

Der Effizienzvergleich stellt dann sicher, dass solche Netzbetreiber, die ein optimales Verhältnis von Netzausbau und Gasspeichernutzung entwickeln, auch einen höheren Effizienzwert erhalten. Der bestehende gesetzliche Rahmen muss für diese Parameteranpassung nicht verändert werden. Eine Anpassung der Parameter kann einfach im Rahmen der Vorbereitungen des nächsten Effizienzvergleichs erfolgen.

Gasnetze und Gasspeicher bei Netzplanung gemeinsam betrachten

Die Betreiber deutscher Fernleitungsnetze würdigen die deutschen Gasspeicher im aktuellen Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan Gas 2020 bis 2030 als zentrales Element zur Optimierung der Netzentwicklung. Im Szenariorahmen heißt es dazu: „Durch den Einsatz der Speicher ist eine volkswirtschaftlich sinnvolle Dimensionierung der Transportsysteme möglich und das Gesamtsystem kann hinsichtlich einer effizienten Auslastung optimiert werden.“

Der Szenariorahmen für die Gasnetzplanung widerspricht dieser Aussage jedoch. Er trifft als Annahme nämlich einen gesamtdeutschen Speicherfüllstand von nur 35 Prozent. Mit dieser niedrigen Annahme lassen die Netzbetreiber die Potenziale der Gasspeicher weitgehend außer Acht. Sie treiben damit den rechnerisch erforderlichen Netzausbau unnötig in die Höhe und vernichten gleichzeitig den Systemwert der Gasspeicher.

Die Initiative Energien Speichern fordert daher einen Paradigmenwechsel. Der regulatorische Rahmen sollte so angepasst werden, dass immer die Speicherfüllstände zur Verfügung stehen, die für eine Reduktion des Netzausbaus erforderlich sind. Außerdem ist es sinnvoll, bei der zukünftigen Entwicklung der Gasnetze eine fest vorgeschriebene Abwägung zwischen der Nutzung von marktbasierten Instrumenten – also zum Beispiel dem Einsatz von Gasspeichern – und dem Netzausbau vorzunehmen.

Bundesnetzagentur kann Vorteile von Gasspeichern erschließen

Der Systemwert der Gasspeicher liegt im Wesentlichen darin, einen übermäßigen Netzausbau zu vermeiden. Gleichzeitig besteht der Systemwert nur dann weiter, wenn der Netzausbau diesen Wert nicht zunichtemacht. Findet der Netzausbau an Stellen statt, an denen Gasspeicher eine kostengünstigere Alternative darstellen, steigen die Systemkosten. Der Einsatz von Gasspeichern und die Netzentwicklung müssen also optimal abgewogen werden, um ein günstiges Energiesystem zu schaffen.

Diese Abwägung ist unter den aktuellen regulatorischen Rahmenbedingungen nicht gegeben. Im Gegenteil: Der Systemwert der Gasspeicher wird eher bestraft als belohnt. Auf Dauer wird aber kein Unternehmen eine Leistung erbringen, die nicht vergütet wird. Die Bundesnetzagentur kann im Rahmen zukünftiger Entscheidungen dazu beitragen, dass der Systemwert der Gasspeicher erhalten bleibt. Damit stärkt sie auch die volkswirtschaftliche Effizienz des Netzausbaus.

Ihr Ansprechpartner

Sebastian Heinermann (geb. Bleschke)

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